Schon von Weitem sieht man sie. Eine lange, dunkelrote Wand am Horizont, am Ende der weiten Wüstenebene, die wir von Süden kommend durchqueren. Wir befinden uns mitten in der Namib-Wüste, die als älteste Wüste der Welt gilt und ganz Namibia entlang der Küste durchzieht, wo sie schließlich direkt auf den kühlen Atlantik stößt. Man könnte sie auch als den größten Strand der Welt bezeichnen.
Inmitten dieses schier endlosen “Orts, wo nichts ist” aus Sand, Geröll und Busch (denn das bedeutet “Namib”) befindet sich der Namib Naukluft-Nationalpark, und in ihm die höchsten Sanddünen der Welt. Um dorthin zu gelangen, muss man vom Parkeingang in Sesriem aus erst einmal 60 km in den Park hineinfahren (anders als viele andere Straßen in Namibia ist diese übrigens geteert!).
Unterwegs sieht man sie schon in der Ferne links und rechts der Straße aufragen, die Berge aus Sand, die im Spätnachmittagslicht dunkelrot-golden leuchten. Trotzdem sollte man sich besser auf die Straße konzentrieren, denn in Namibia gibt es selbst an einem “Ort, wo (scheinbar) nichts ist” jede Menge wilde Tiere: erst galoppiert ein Vogel Strauß in langen Schritten direkt vor uns über die Straße, dann eine Herde elegant-lustiger Springböcke (glücklicherweise ohne Zwischenfälle).
Abgesehen von dieser Begegnung haben wir an diesem Nachmittag Ende Oktober die komplette Straße und die weite herrliche Landschaft für uns und sehen tatsächlich kein anderes Auto. Unser namibischer Guide Heinz ist ganz entzückt, “Das hab ich ja noch nie so erlebt!”
Denn Sossusvlei ist ein “Must-See” in Namibia und vor allem in den frühen Morgenstunden fährt man wohl oft in Kolonne in den Park (wobei man dazusagen muss, dass das, was in Namibia als ‘Touristenmasse’ gilt, noch lächerlich im Vergleich zu den meisten anderen Reisezielen ist). Trotzdem sind wir regelrecht geschockt, als wir nach mehreren Tagen in der Wüste am Parkeingang in Sesriem auf einmal auf Gruppen von Menschen treffen (d.h. hauptsächlich ältere, deutsche, sächselnde oder schwäbelnde Touristen). Da kommt uns das mittlerweile sehr geschätzte “allein-in-der-Wildnis-und-auf-der-Straße”-Gefühl dieses Nachmittags in Sossusvlei gerade recht. Schnell weg und wieder rein in die Wüste!
Bei Kilometer 45 passieren wir die bekannteste und meistfotografierte aller Dünen: “Dune 45”. Perfekt geformt sieht sie aus, wie sie einfach so aus der Ebene aufragt, und sie biedert sich von der Straße aus geradezu an zum sofortigen Aufstieg. Eigentlich kann man hier überall hinwandern und überall hochsteigen – doch unser Ziel heißt “Big Daddy” – mit über 350m Höhe die höchste Düne der Welt!
Um dort hinzukommen, müssen wir bis zum Ende der Straße, und von dort die letzten Kilometer auf Sand weiterfahren. Kein Problem für unseren Toyota – und für unseren Guide Heinz, der nicht mal Luft rauslässt, bevor wir über den Wüstensand heizen und dabei hin- und hergeschüttelt werden (Merke: auf Sand fährt man am Besten mit Schwung!).
Dann geht es nur noch zu Fuß weiter. Die Hitze jetzt am späten Nachmittag ist gerade so erträglich und wir stapfen einfach querfeldein in Richtung “Vleis”. Ein “Vlei” scheint eine zutiefst südafrikanische Erscheinung zu sein – eine flache “Salz-/Lehm-Pfanne”, in der sich manchmal Wasser sammelt, das dann nicht mehr abfließen kann und verdunstet und eine harte, brüchige Salz- und Lehmschicht zurücklässt. Rings um die Vleis ragen die Dünen über 300m in die Höhe. Alles ist so still und warm und friedlich, wie es nur in der Wüste sein kann.
Wir wandern umher und machen gefühlte tausende Fotos, vor allem im “Dead Vlei” mit seinen abgestorbenen bizarren Bäumen, in dem immer Filmdrehs und Fashion-Shootings stattfinden. Doch an diesem Tag ist hier niemand außer uns, es herrscht eine fast magische Stille. Und so kommt es auch, dass wir nicht nur alles andere, sondern auch die Zeit vergessen, denn die Dünen sehen sogar noch schöner aus, je länger die Schatten werden.
Als wir merken, wie spät es schon ist, wird es auf einmal hektisch. Denn die Tore schließen um Punkt 19 Uhr, und zurück ist es über eine Stunde Fahrt! Und das war’s dann leider auch mit unserem kühnen Plan, “Big Daddy” zu bezwingen. Aber wir wollen doch auf eine Düne rauf!!! Und so muss auf der Rückfahrt eben doch die Düne 45 dran glauben.
Auf dem Grat entlang rennen wir regelrecht nach oben – das Ganze ist unglaublich anstrengend – zwei Schritte vor und einer zurück quasi, und das bei der Hitze!
Egal, das musste zum Schluss noch sein, und im letzten Licht des Sonnenuntergangs heizt der Heinz mit Vollgas dem Parkausgang (=Tor zur Zivilisation) entgegen, den wir gerade noch rechtzeitig passieren – um Punkt 18:58.
Infos
Hinkommen: Sossusvlei liegt in der südlichen Namib-Wüste mehrere Stunden südwestlich von Windhoek im Namib-Naukluft-Park. Der Eingang liegt in Sesriem am östlichen Ende des Parks (ein kleiner Ort mit Tankstelle und ein paar Unterkünften).
Unterkunft: Sesriem Campsite am Parkeingang (unbedingt vorher reservieren!), in der Nähe gibt es aber auch weitere Unterkünfte unterschiedlicher Kategorien. Wir haben ca. 1h weiter in der Namib Desert Lodge übernachtet, eine ehemalige Farm am Fuß versteinerter Sanddünen (mehr dazu in diesem Post).
Gut zu wissen: Der Park öffnet erst zum Sonnenaufgang (selbst wenn man schon auf dem Campingplatz ist) und alle Besucher müssen bei Sonnenuntergang wieder draußen sein. In Sesriem bekommt man zwar das nötigste, aber am Besten stattet man sich vorher schon mal mit Proviant, Wasser und Benzin aus. Für die, die kein Allradfahrzeug haben, stehen für die letzten Kilometer zum Sossusvlei Shuttles bereit.
Beim nächsten Mal: Mache ich von Swakopmund aus einen Rundflug über die Wüste und schaue mir das gigantische Sandmeer von oben an. Und hey: Big Daddy, I’m coming for you!!!
Meine Reise nach Namibia wurde vom Namibia Tourism Board, Air Namibia und Hauser Exkursionen unterstützt. Alle Ansichten sind meine eigenen.
Wie schön! Die Düne 45 habe ich auch schon mal versucht zu erklimmen. Danach hatte ich glaube ich einen halben Sandkasten im schuh 🙂
Vielen Dank für Mitnahmen! Ich hoffe es kommen noch viele Posts!
Ich hab noch nicht viel von Namibia berichtet, aber ein paar Photos gibts 😉
http://traumphotographie.blogspot.de/search/label/Namibia
Haha, ich habe den Sand immer noch in den Schuhen! Und leider auch in der Kamera… aber das war’s wert! Im Blog gibt’s noch einige andere Posts zu Namibia – schau mal unter “Schwarze Punkte” oder klicke auf den Tag zu Namibia. Da es so schön war, kommt vielleicht bald auch nochmal was Neues! 😉
Die anderen Posts habe ich auch schon gelesen 😀 und mich sehr darüber gefreut.
Habt Ihr auch eine Living Desert Tour in Swakopmund gemacht oder ward in Etosha?
Nein, dafür hat die Zeit leider nicht gereicht… war nur in der südlichen Namib-Wüste und in Swakopmund. Aber der Norden mit Etosha und Caprivi-/Sambesi-Streifen bis rüber zu den Victoriafällen würde mich auch sehr interessieren! Das kommt dann beim nächsten Mal 😉
Schön zu lesen uns zu sehen!
Genau hier war ich im Herbst mit dem Mountainbike, übrigens auch in derselben Lodge zum Tonic&Desert 😉
http://www.bodenseepeter.de/2013/10/26/mountainbike-namibia/
Haha, sehr gut – hab grad mal Deinen Artikel gelesen und muss sagen: Wahnsinnig tolle Bilder!!! Ich bin allerdings froh, dass ich das nciht alles mit dem Fahrrad machen musste. 😉 Cool, dann warst Du ja zur gleichen Zeit dort und auch auf dem Adventure Travel World Summit! (Ich meine auch, ich hätte auf dem einen Bild bei Dir den Paul von Wilderness Scotland erkannt, der mit uns den Tok Tokkie-Trail gelaufen ist??) Namibia hat mich echt gepackt – muss irgendwann ganz dringend nochmal hin!
Diese Bilder <3
<3!
Wow, extrem geile Bilder! Erinnert bisweilen an einige Star Wars Szenen 😉
Danke! An Star Wars musste ich eher bei Dubai denken – aber jetzt, wo Du’s sagst… vermutlich deshalb genau mein Ding! 😉 Botswana stelle ich mir auch spannend vor…
Danke für diese Impressionen! Hab die Namib “kennen lernen dürfen” als ich über selbige mit einer Cessna flog, diese hierbei aufgrund des Regens mit einem grünen Saum übersät erleben durfte und kurz darauf “am Boden” durch/über die Düne und ins Vlei erwandern durfte. Deine Fotos und Dein Bericht lassen dieses wieder richtig präsent werden. Einfach beeindruckend.
Nur eine Frage stellt sich mir: sind wir nicht alle ‘Touristen’, wenn wir zu Gast in den Destinationen/unterwegs sind?
LG, Anja
Wow, das klingt wunderbar – diese Wüste von oben sehen, das muss einfach atemberaubend sein. Mach ich beim nächsten Mal! Freut mich, dass mein Bericht Dich wieder zurückkatapultiert hat. Und ja, wir sind alle vergnügte Touristen! 🙂
Hallo Susi,
bei deinen wunderschönen Fotos der Wüsten in Namibia gerate ich gleich wieder ins schwärmen. Nach meinem Namibia Roadtrip bin ich nämlich zum absoluten Wüstenfan geworden. Um nochmal in Erinnerungen an Namibia zu schwelgen habe ich den Beitrag “Die besten Reiseberichte über Namibia aus dem Blog-Universum” geschrieben und auch deinen schönen Artikel in dem Beitrag erwähnt und verlinkt.
Liebe Grüße, Sabine
Liebe Sabine, das freut mich, vielen Dank! Ich habe auch sehr gute Erinnerungen an Namibia, in denen ich gerne schwelge. Ich möchte gern zurück! Am Besten lass ich mich von deiner Linksammlung mal inspirieren…
Zwei Minuten vor Toresschluss – da habt ihr aber wirklich Glück gehabt. Soviel Aufregung wäre allerdings nichts für mich, ich bevorzuge es eher langsam und gemütlich 🙂
Vielen Dank auch für die wunderschönen Fotos, die in mir sofort wieder die Reiselust wecken, obwohl ich schon viele Male durch Namibia gewandert bin.
Danke! ich mag auch sehr gerne wieder durch Namibia wandern, das war wirklich großartig da!
Hallo Susi,
sehr gut beschrieben. Deckt sich genau mit meinen Erinnerungen, insbesondere das Allrad-Stück der Piste, wo man mit Schwung durch den Sand “schwimmt” und die Autoschlange morgens am Tor, die sich auf der Fahrt ins Vlei aber sehr schnell auflöst und endlos in die Länge zieht 🙂
LG
Stefan
Lieber Stefan, Danke, und ja genau! Obwohl es in Namibia eines der ‘überlaufendsten’ Ziele zu sein scheint, fand ich es im Vergleich zu vielen anderen Orten auf der Welt sehr angenehm leer, da es sich dann nach dem Tor wirklich gut verteilt!