Für mich ist Pakistan ja noch einer dieser weißen Flecken auf meiner Reise-Weltkarte. Ein Land, das man aus den Medien kennt und mit dem jeder etwas verbindet, über das man aber in Wirklichkeit kaum etwas weiß. Was es eigentlich umso spannender macht, oder? Ein Ort, den man sofort in eine Schublade steckt – meist irgendwas mit Taliban und Terrorismus, Kaschmir-Konflikt und Entführung von Touristen – aber das war es dann auch schon. (Ich persönlich denke bei Pakistan ja immer mit einer Prise sehnsüchtiger Abenteuerlust an den Karakorum Highway und den Himalaya…). Doch machen wir uns nichts vor:
Pakistan ist ein Land, das es nur auf wenige Reise-Bucket-Lists schafft.
Zu Unrecht, vielleicht? Ich jedenfalls kenne kaum jemanden, der sich vor Ort ein Bild gemacht hat, und auch Informationen wie Reiseführer, Blogbeiträge, hübschen Instagram-Content einschlägiger Influencer sucht man meist vergeblich. „Nach Pakistan reist man nicht einfach so“, sagt eine Stimme in meinem Kopf. „Und ist Pakistan überhaupt sicher für Reisende aus dem Westen?“
Umso spannender fand ich es daher, den Erzählungen meiner Reiseblogger-Freunde Anne und Clemens von Traveller’s Archive zu lauschen, die im vergangenen Jahr genau das getan haben: einen Flug gebucht und auf eigene Faust durch Pakistan gereist.
Über ihre Erlebnisse haben die beiden jetzt ein Buch veröffentlicht: „Backpacking in Pakistan“, das ihr beim Local Dealer eurer Wahl erwerden könnt oder hier bei Amazon. In ihrem Buch führen euch die beiden in wirklich schön geschriebenen Reisegeschichten einmal quer durch Pakistan: Von den 8.000ern im Himalaya zur Grenze nach Afghanistan, vom indischen Grenzgebiet hinunter zum schillernden Arabischen Golf.
Unterwegs haben die beiden die verrücktesten Dinge erlebt, von denen sie jeweils abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen, was ich gut gelöst finde, da mich u.a. auch speziell Annes Erfahrungen in Pakistan als Frau interessierten.
Und jetzt rumpelt mit Anne und Clemens über die holprigen Pisten im Himalaya, erlebt brenzlige Momente hautnah mit, spürt die Hitze und den Smog, und fühlt nach all den reisearmen Corona-Wochen erneut die Abenteuerlust!
„Pakistan? Das ist doch verrückt!“, heißt das erste Kapitel eures Buchs. Wie seid ihr darauf gekommen, ausgerechnet nach Pakistan zu reisen?
Anne & Clemens: Wir haben grundsätzlich ein Faible für missverstandene und vor allem recht unbereiste Länder der Welt. Über Pakistan weiß man bis heute fast gar nichts und genau das hat uns gereizt. Wir wollten mal wieder das Entdecker-Gen in uns wecken, mal wieder wirklich auf eigene Faust reisen und ganz eigene Sachen finden, statt die ganze Zeit blind vorhandenen Reiseführern zu folgen, die gibt es nämlich bis heute noch nicht.
Ihr habt bereits über 90 Länder bereist. Was ist für euch das Besondere und Faszinierende an Pakistan?
Pakistan ist ganz anders als alles, was wir bisher erlebt haben. Durch ein Land zu reisen, in dem es kaum bis wirklich gar keinen Tourismus gibt, ist einfach was komplett Neues für uns. Gleichzeitig hat Pakistan ungefähr alles, was man sich für ein Land zum Backpacken wünscht – das Meer im Süden, atemberaubende Berge im Norden, chaotische Großstädte mit knallig bunten Märkten und dazwischen sogar Wüste und verschlafene Dörfer. Unglaublich fasziniert haben uns vor allem die Menschen. Wir waren vom Iran schon große Herzlichkeit und Gastfreundschaft gewohnt, aber die Pakistaner haben nochmal einen drauf gesetzt und uns mit wirklich offenen Armen begrüßt.
Ihr seid zu zweit auf eigene Faust durch Pakistan gereist, also ohne Reisegruppe oder Guide. Kann man das denn einfach so?
Ja, eigentlich schon. In Pakistan kann man, genau wie in Indien, mit dem Bus, Zug oder Flugzeug und auch mit einem privaten Fahrer von A nach B reisen. Regional gibt es in Pakistan jedoch ein paar Unterschiede, was den „Schutz“ von Touristen angeht. Wir haben teilweise Polizeischutz bekommen, als wir individuell mit dem Bus gefahren sind oder mussten einmal sogar in ein Hotel, das uns von der Polizei zugewiesen wurde. Das schränkt natürlich ab und an die Reisefreiheit ein, hat uns aber nicht davon abgehalten, trotzdem das absolute Backpacking-Feeling aufkommen zu lassen.
Wie plant man eine Reise nach Pakistan am besten? Wie bereitet man sich vor?
Am besten bereist man Pakistan ohne einen festen Plan. Da die Infrastruktur hier und da noch nicht wirklich auf Touristen eingestellt ist, kann es häufig zu unvorhergesehen Dingen kommen, die Zeit kosten. Wer da also einen zu eng gestrickten Zeitplan hat, wird schnell merken, dass das einfach nicht geht. Wir haben uns lediglich den Hinflug nach Islamabad im Norden gebucht und vier Wochen später den Rückflug ab Karatschi im Süden. Was dazwischen passiert ist, haben wir vor Ort von Tag zu Tag spontan entschieden und das hat auch wirklich gut geklappt. Abgesehen davon ist es natürlich wichtig, auch vor der Reise die Sicherheitslage im Blick zu behalten, denn bis heute kann sich in Pakistan vieles von heute auf morgen ändern.
Annes und Clemens’ Reiseroute durch Pakistan
Was sollte man auf jeden Fall im Gepäck haben?
Wer als Frau nach Pakistan reist, sollte auf jeden Fall genug weite Kleidung dabei haben. Ansonsten bloß nicht die Kamera vergessen, um immer und überall alles festzuhalten. Wir hatten dazu noch eine ordentliche Reiseapotheke dabei, weil wir uns nicht sicher waren, wie vor Ort die Versorgung ist. Letztendlich gibt es aber auch in Pakistan an jeder Ecke Apotheken, die gut ausgestattet sind.
Welche Orte haben euch in Pakistan am besten gefallen?
Wir haben uns sofort in Lahore verliebt. Die zweitgrößte Stadt des Landes hat eine unglaublich chaotische Altstadt mit unzähligen Gassen, in denen man immer wieder neue Eindrücke einsaugen kann. Zwischendrin kann man sogar noch die alten Fassaden der Luxushäuser der Moguln sehen, das ist echt faszinierend. Gleichzeitig ist Lahore auch historisch gesehen ein super interessanter Ort, da die Stadt vor der Teilung Indiens als Hauptstadt der Region Punjab galt. Neben Lahore hat uns aber auch der Norden vom Hocker gehauen. Plötzlich vor Achttausender-Bergen zu stehen ist echt nochmal eine andere Hausnummer und unglaublich faszinierend!
Die Badshahi-Moschee in Lahore
Was war der schönste Moment eurer Reise?
Wir haben in Lahore ein Restaurant gefunden, das eine wunderbare Dachterrasse hatte, von der aus man einmal über die Altstadt und hinein in den Hof der Badshahi Moschee blicken konnte. Wir saßen da zum Sonnenuntergang, haben Daal gegessen und dem Muezzin gelauscht, das war echt schön.
Was war der schlimmste?
Einer der krassesten, vielleicht nicht schlimmsten, Momente war definitiv die Wanderung nach Fairy Meadows. Hinter dem schönen Namen versteckt sich eine Wiese am Fuße des Nanga Parbat, die auf 3.300 Metern liegt. Wir sind da relativ schnell und unglaublich unvorbereitet hochgewandert. Clemens hat dann nach nur wenigen Minuten Atemnot gehabt und kurz darauf alle Symptome der Höhenkrankheit verspürt. Wäre alles ok gewesen, wenn die Kälte nicht gewesen wäre: Es war wirklich so kalt, dass selbst unser Klo eingefroren war! Wir sind dann am nächsten Morgen so schnell wie möglich wieder auf „Normallevel“ gewandert. Clemens hatte aber bestimmt noch eine Woche damit zu tun.
Was war das kurioseste/bizarrste Erlebnis?
Ganz eigenartig war es am Grenzübergang zu Indien. Jeden Abend wird am sogenannten Wagah-Border, der Grenze zur Stadt Attari in Indien, eine riesige und vor allem super wirre Zeremonie gehalten. Es gibt dabei auf jeder Seite, also auf der indischen und auf der pakistanischen, Tribünen, auf denen die Zuschauer sitzen und dem Spektakel folgen. Eine Stunde lang feinden sich dann die indischen und pakistanischen Soldaten an, marschieren inszeniert aufeinander zu und versuchen das Publikum so einzuheizen, dass eben eine Seite lauter ist als die anderen. Die Stimmung dort war richtig komisch und wir hatten echt Schwierigkeiten dem ganzen etwas Lustiges abzugewinnen, aber sehen muss man das auf jeden Fall mal – egal von welcher Seite.
Ihr hattet auf eurer Reise mehrfach bewaffnete Eskorten, seid durch Taliban-Gebiet gefahren und vom Geheimdienst beschattet worden. Wie sicher ist eine Reise nach Pakistan, und welche Risiken geht man als Reisende*r dort eurer Erfahrung nach ein?
Man geht in Pakistan genau die gleichen Reiserisiken ein wie in jedem anderen Land auch. Es kann einem überall etwas passieren – vom Autounfall über einen Flugzeugabsturz bis hin zu anderen Überfällen und Gefahren. Aber natürlich ist das Thema Sicherheit im Falle von Pakistan sehr prägnand, was allein an der medialen Präsenz liegt. Die Polizei tut in Pakistan unheimlich viel, um die Touristen vor eventuellen Gefahren zu schützen. Das geht teilweise so weit, dass man ungefragt durch eine Eskorte geschützt wird oder eben in einem von der Polizei „empfohlenen“ Hotel landet. Wir haben das aber nie als allzu große Einschränkung gesehen und mussten dafür auch nie etwas tun bzw. zahlen.
Anne, wie hast du Pakistan als Frau erlebt? Welche Tipps hast du für andere weibliche Reisende?
Pakistan habe ich nicht anders erlebt als andere muslimische Länder. Ich würde jeder weiblichen Reisenden raten, einfach passende Kleidung einzupacken. Das heißt, dass hier eher weite und vor allem knöchellange Hosen und weite Tuniken angesagt sind. Ein Kopftuch muss man in Pakistan als Frau nicht tragen. Ich hatte aber immer ein leichtes Tuch um den Hals bzw. über mein Dekolletee und hab das dann einfach zu einem Kopftuch gemacht, wenn ich der Meinung war, dass es gut wäre – in einer Moschee oder einer eher konservativen Gegend zum Beispiel.
Ansonsten muss man sich als Frau in Pakistan darauf einstellen, dass man es weder auf Gruppenfotos mit Männern schafft, noch einen Handschlag bekommt. Daran gewöhnt man sich jedoch schnell. Was ich allerdings etwas irritierend fand ist, dass man wirklich wenig Frauen auf der Straße sieht. Das Frauenbild in Pakistan schreibt bis heute vor, dass die Frau eben eher zu Hause ist und die Familie behütet, als Erledigungen oder gar Jobs in der Öffentlichkeit ausübt.
Was möchtet ihr anderen mit auf den Weg geben, die sich für eine Reise nach Pakistan interessieren?
Wer noch nie in einem muslimischen Land war, wird vielleicht in Pakistan etwas überfordert sein. Ansonsten ist das Land wirklich perfekt für alle, die gern selbst auf die Suche nach Orten und Plätzen gehen. Wer nach Pakistan reist, kann sich auf Abenteuer und ganz viel Wärme gefasst machen, die man meist in Form eines breiten Lächelns der Einheimischen an jeder Ecke spürt.
Vielen Dank an Anne und Clemens für das Interview!
In Annes und Clemens’ Blog findet ihr jede Menge Artikel und Tipps für eine Reise nach Pakistan auf eigene Faust, z.B. hier:
Pakistan Reise: Highlights, Sehenswürdigkeiten und die besten Tipps (inkl. Route)
Das Buch Backpacking in Pakistan findet ihr hier direkt beim Verlag (oder hier bei Amazon).
Fotos: Clemens Sehi und Anne Steinbach, Travellers Archive
Hinweis: Dieser Beitrag enthält Werbe-/Affiliatelinks. Wenn du hierüber etwas bestellst oder buchst, erhalte ich eine kleine Provision, die dem Erhalt dieses Blogs dient. Für dich entstehen keine Mehrkosten. Danke!