„Welcome home.“
So wird man beim Burning Man häufig begrüßt – nicht zuletzt von den „Greeters“, den freundlichen Mitarbeitern am Eingang der Wüstenstadt, die jedes Jahr erneut in der Weite des Black Rock Desert in Nevada aus dem Nichts entsteht und eine Woche später wieder ins Nichts verschwindet, als sei nichts geschehen. Doch im Gegenteil:
Es ist, als sei in dieser einen Woche ALLES geschehen.
Was genau, muss ich nach meiner Rückkehr erst einmal verarbeiten, doch soviel kann ich sagen:
Burning Man ist eine der spannendsten und verrücktesten Reisen, die ich je unternommen habe.
Meine persönliche Auszeit, mein Urlaub von der Welt, mein Digital Detox. Eine Woche lang feiern, nachdenken, Neues lernen. Eine Woche voller spannender Begegnungen, Selbstfindung, Kunst und all dieser kleinen verrückten und leicht skurrilen Dinge, die einem dort über den Weg laufen und die das Universum genau hier und dort für dich parat zu halten scheint.
Ein riesiger bunter Spielplatz für Erwachsene. Eine Woche lang wieder Kind sein. „Radical Self-Expression.“ Sich treiben lassen, ganz im Augenblick leben, nur machen, worauf man Lust hat. Kurzum: Es ist großartig.
Eine meiner Lieblings-Kunstinstallationen dieses Jahr: das Black Rock City Lighthouse Project.
Unten: Verrückte “Art Cars” bzw. “Mutant Vehicles” gehören auch dazu. Party beim Drachen zum Sonnenaufgang. Dieses Jahr gab es sogar eine zweistöckig ausgebaute, begehbare Boeing (!). Ganz weit draußen auf der “Playa” spielte das vermutlich größte Grammophon der Welt alte Lieder. Das riesige Schwein rotierte derweil wie ein Rodeobulle und ich freute mich über die Gorillas.
Nachts leuchtet und blinkt die Playa in den buntesten Farben. DJs aus aller Welt legen auf Bühnen auf, es finden überall Partys statt, “Art Cars” cruisen die ganze Nacht durch die Gegend. Ich liebe Burning Man bei Nacht!
…und in der Mitte von allem (und über allem) thront der “Man”. Zum Höhepunkt des Festivals als Samstag Abend wird er im Rahmen einer großen Party verbrannt.
…ein Art Car mit Party-Leuten an Bord fährt zum Sonnenuntergang an einem riesigen Gorilla vorbei…
Seit ich 2014 das erste Mal beim Burning Man war, ist die Reise in die Wüste jedes Jahr Ende August für mich zu einem festen Bestandteil meines Lebens geworden, für die ich einen Langstreckenflug in die USA auf mich nehme, mehrere Tage Fahrt, kaum Schlaf, extremes Klima, komplizierte Planung und Logistik (heißt: vor Ort alles besorgen, was man für eine Woche Festival in der Wüste benötigen könnte) und nicht zuletzt hohe Kosten. (Und ja: Ich fluche jedes Mal, wenn ich nach zwei Tagen Fahrt ohne Pause und zwei Stunden Schlaf das sündhaft teure und völlig eingestaubte Wohnmobil schrubben muss). Ich könnte auch einfach einen luxuriösen Strandurlaub machen, mir endlich ein neues Sofa oder einen schicken Fernseher kaufen. Doch ich wähle Burning Man. Immer wieder.
Und nie fühlte sich es mehr wie Heimkommen an als dieses Jahr.
Burning Man ist wie Heimkommen. Unten: Beim Burning Man trifft man schon mal auf einen Wal mitten in der Wüste. Der “Space Whale” war ein Kunstwerk aus Stahl und Buntglas, beim Näherkommen erklangen Walgesänge.
Dieses Jahr war es definitiv spiritueller und emotionaler als die Jahre zuvor (auch wenn das Feiern und Tanzen bis zum Sonnenaufgang auch nicht zu kurz kam und ich immer noch völlig geflasht bin, dass wir durch Zufall Monolink getroffen haben). Ich denke, es lag am Camp Naked Heart bzw. dem Anahasana Village, in dem meine ‚Mit-Burnerinnen’ Kristin, Yvonne und ich dieses Jahr das erste Mal Station machten. An diversen Selbstfindungs-Workshops und vielen Gesprächen mit faszinierend offenen Menschen im Camp – und natürlich auch an meiner eigenen Neugier und Offenheit, meinem eigenen Mindset an diesem Punkt.
Man könnte sagen, es war eine innere Reise.
Der Tempel ist jedes Jahr ein sehr spiritueller und emotionaler Ort. Am letzten Abend wird er rituell verbrannt.
Kommt es uns nicht immer so vor, als seien wir letztendlich allein? Mit unseren Gefühlen, unseren Ängsten? Als müssten wir mit allem selbst klarkommen. Als seien wir nicht „genug“. Genug von vielen Dingen, Eigenschaften. Als dürften wir nicht fühlen, was wir fühlen, denn im Gegensatz zu vielen anderen haben wir ja keine ‚richtigen‘ Probleme. Wir müssen uns zusammenreißen. Immer stark sein.
Doch wir sind nicht allein. Da draußen sind Leute wie du. Auch du kannst deinen „Tribe“ finden. Wir können Verbindungen schaffen – auch mit Wildfremden und in erstaunlich kurzer Zeit. Wir können uns minutenlang in die Augen schauen und und uns selbst in unserem Gegenüber erkennen. Ihren Schmerz fühlen, ihre Furcht, ihre Freude, ihre Liebe. Wir können uns öffnen und Emotionen zulassen, anstatt sie zu unterdrücken. Wir können Menschen sagen, was wir empfinden, ohne im Gegenzug etwas zurückzuerwarten. Wir haben etwas zu geben. Wir können sein, wer wir sein wollen, anstatt uns von der Sichtweise anderer auf uns oder von unserer Vergangenheit bestimmen zu lassen. Wir sind nicht allein. Wir sind alle miteinander verbunden.
Wir sind genug.
Danke an Kristin für die beiden tollen Bilder von mir oben (Krähe, HOME).
Das sieht wirklich fantastisch aus, und die Schilderung was du dafür so alles in Kauf nimmst fand ich richtig gut da es auch ein wenig mehr als nur den Ort selbst beschreibt – nämlich das ganze drumherum.
In diesem Sinne:
Welcome home!
Vielen Dank, das freut mich! 🙂
Ein Traum… Danke, dass du uns daran teilhaben lässt 🙂 Ich sehe jedes Jahr die Bilder vom Burning Man, seit vielen vielen Jahren, und denke mir immer wie wunderbar es sein muss. Aber für mich leider mit Flug, Festivalticket etc. einfach unbezahlbar, das kriege ich mit meinem kleinen NGO Gehalt nicht hin. Übrigens haben mich dieses Jahr vor allem der Wal und der Gorilla berührt, so toll, dass die Faszination für diese Tiere ein Thema war!!
Ich bestaune dann mal weiter die Bilder 🙂
Liebe Grüße,
Ela
Danke Ela! Das klappt schon irgendwann, wenn du es wirklich willst (und in der Zwischenzeit gibt’s ja meine Bilder…). Die Gorillas haben mich auch sehr berührt – aber das ist ja spätestens seit Uganda/Ruanda noch schlimmer… 😉 Umso mehr hab ich mich gefreut, als ich sie eines nachts auf der Playa entdeckt hab!
Einfach nur gigantisch!
Ist bei uns auch fest geplant… irgendwann in den nächsten 5 Jahren.
Danke für den Bericht und die Hammer Bilder.
Könnt mir vorstellen, Burning Man macht süchtig…
Liebe Grüsse,
Reni
Jaaaaa, Burning Man macht süchtig! Pass auf, wenn du einmal da warst, musst du immer wieder hin… Ich drück die Daumen!
liebe susi,
dein bericht von burning man 2014 hatte mich schon so gepackt und berührt, und dieses jahr waren mein mann und ich das erste mal virgins. deine fotos versetzten mich sofort wieder back home und ich musste herzlich lachen, über das camper schrubben. hast du auch innen ordentlich mit blue tape abgeklebt? 🙂
danke für deinen einblick aus deinen augen in die welt, die wir nun auch das erste mal erleben durften.
un besito!
deine tine
Klasse – dann wisst ihr ja, wovon ich spreche! 😀 Ich finde es nämlich immer ganz schwierig, Burning Man zu beschreiben für Außenstehende. Blue Tape?? Nö, bisher haben wir noch nie abgeklebt – sollten wir aber vielleicht mal, denn dieses Jahr mussten wir das erste Mal (bei Cruise America) Strafe zahlen, weil der Camper nicht sauber genug war. Nach stundenlangem Schrubben übrigens. Yikes!!
Super, dass es mit dem Beitrag trotz der Medienauflagen geklappt hat – Burning Man übt einfach eine seltsame Faszination aus, auch wenn ich selbst noch nicht da war, weil zu teuer 🙁
Aber wenigstens hat mich dein Beitrag ein bisschen mit auf diese abgefahrene Reise genommen. Irgendwann klappts hoffentlich, dass ich auch mal live vor Ort bin.
Danke für die tollen Eindrücke und Fotos!
Viele Grüße und bis bald
Dimi
Vielen Dank, Dimi! Wenn du wirklich hin möchtest und es dementsprechend priorisierst, dann wirst du auch hinfahren! Vielleicht nicht nächstes Jahr, aber vielleicht übernächstes… Dann nat+rlich auch mit Camper!! 😉
hallo Susi
bin immer wieder fasziniert von einen Reisebericht, vor allem übers Burning Man.
Nun ist es korrekt das ein Ticket ca. um die 390$ kostet?
Liebe Grüsse
Céline
Hallo Céline,
ja, das ist korrekt. Der Preis ist sogar nochmal gestiegen, es kommen auch noch Gebühren dazu und meist braucht man auch einen Vehicle Pass. Ich rechne daher so mit 450 USD…
Liebe Grüße
Susi
Hi Susi, toller Blog!
Plane nächstes Jahr für einige Monate um die Welt zu reisen …
Ev auch auf das Burning Man Festival, ( Vll dieses Jahr einfach mal ?)wäre jedenfalls ein Hit, als Liebhaber des Elektrosounds. Welche Möglichkeiten gibt es denn dort zu übernachten? Zelten, denk ich, kann man auch n Camper alleine mieten ??
LG, Oli
Hi Oli, ja, das kannst du, du musst aber a) schnell sein und am Besten spätestens im januar einen Camper mieten (die sind schnell weg) und b) ist das leider mega teuer (ca. 3.500-4.000 Euro für die 10 Tage). Leider schlagen die vermieter zu der Zeit extrem drauf. Zudem musst du darauf achten, dass du mit dem Wohnmobil überhaupt zum BM fahren darfst (oft gibt es 1.000 USD Zusatzgebühren für Fahrten zum BM, wer es erlaubt, ist Cruise America.). daher macht es schon Sinn, sich ein Wohnmobil mit anderen zu teilen, das mach ich auch immer. Zelten geht allerdings auch (ich persönlich möchte es aber nicht), zudem haben einige Theme Camps die Möglichkeit, (auch gegen einen saftigen Preis) Jurten oder Zelte zu mieten. Manchmal haben die sogar Klimaanlagen drin! (Das wäre für mich noch eine ALternative zum Camper.) Aber wenn alle Stricke reißen und du wirklich hin willst, egal wie: Burner Express und Zelt. Du musst halt daran denken, dass du Wasser und Vorräte für 1 Woche brauchst und dass es nachts echt kalt wird. Aber wir wissen ja: Burning Man lohnt sich auf jeden Fall!
Hallo 🙂
Vielen Dank für Deine Infos.
Yep, das is ne Stange Geld für ein paar Tage …
Ich nehme an, du teilst Dir ein Wohnmobil mit Bekannten. Hast du von Möglichkeiten gehört das mit “Fremden” zu teilen, bzw. zu organisieren ?
Der Burner Express, fährt direkt aufs Event ?
Die kommenden Tage is doch die Anmeldung für die nächsten Tickes offen, nicht?! Muss ich nochmal schauen …
Grüsse, gute Zeit
Ja, der Burner Express fährt direkt hin. Vorteil ist auch, dass nicht in der Wüste in der Schlange vorm Eingang stehst, da der Express direkt durchfahren darf. Du bekommst ansonsten ganz viele Infos (z.B. bzgl. Tickets) auf der offiziellen Burning Man Website, wo du dich am besten für den Newsletter anmeldest. Nein, von der Wohnmobil-Möglichkeit habe ich noch nicht gehört, weil ich es bisher immer gemietet und mit Freunden geteilt habe. Wäre aber mal interessant zu wissen!
Wow Susi!!
Ich bin zufällig auf deine Seite gekommen, und besonders dieser Bericht ist echt unglaublich!!
Besonders der letzte Abschnitt hat mich wirklich berührt. Du sprichst mir einfach aus der Seele. 🙂
Vielen Dank! Ich bin gerade wieder vom Burning Man zurück und es ist wirklich schwer zu beschreiben. Umso mehr freue ich mich!