Zu Fuß durch die Wüste Namib – der Tok Tokkie Trail in Namibia

Im Dunkeln stapfe ich durch den Busch und in die Dünen, meine Stirnlampe erhellt nur einen ganz kleinen Teil der riesigen weiten Landschaft, die mich umgibt. (Was, wenn jetzt auf einmal irgendein wildes Vieh direkt im Lichtkegel vor mir auftaucht?) Ich schiebe den Gedanken beiseite und konzentriere mich stattdessen lieber darauf, mein Bett im Busch wiederzufinden.

Moment mal – Bett im Busch? Ja genau, denn wir campieren in der Wüste. Ohne Zelt!

Das Ganze klingt sehr abenteuerlich und so fühlt es sich auch an – zumindest für mich! Drei Tage wandern wir zu Fuß durch die Namibwüste im Südwesten von Namibia und schlafen draußen, einfach so, in der Wildnis, unter den Sternen.

Trotz aller Einwände (Hitze/Kälte, wilde Tiere, ‘schlaf nicht zu nah mit dem Kopf am Sand’ wegen Schlangen, Spinnen und anderem Getier) und der Tatsache, dass ich eigentlich Campingmuffel bin, war ich sofort dabei – schließlich hatte ich im australischen Outback das erste Mal in der Wüste biwakiert und war begeistert. Da war es auch schon egal, dass ich vor Abmarsch bereits eine durchwachte Nacht im Flugzeug und weitere sechs Stunden Autofahrt von Windhoek in die Namibwüste hinter mir hatte. Das hier war eine neue Welt.

Auf in die Wüste!

Nach einer kurzen Fahrt mit einem offenen Safari-Jeep vom Farmhaus des Tok Tokkie Trails in die Pampa klettern wir vom Jeep herunter, schnappen unsere Rucksäcke – und stiefeln einfach los, angeführt von unserem afrikanischen Guide Sebastian. Ein kleines, bunt zusammengewürfeltes und abenteuerlustiges Grüppchen aus Südafrika, Deutschland, USA und Schottland.

Querfeldein marschieren wir locker zum ersten Camp, das wir pünktlich zum Sonnenuntergang erreichen. Unterwegs erspähen wir Grüppchen von Oryx-Antilopen, die einfach so in der Landschaft herumstehen und friedlich grasen, einen einsamen Vogel Strauß in der Ferne. Das Laufen auf dem roten Sandboden ist ungewohnt, anstrengend irgendwie. Die Aussicht und das Licht sind dafür phänomenal.

Unser Biwak-Camp im Busch

Beim Camp angekommen begrüßt uns “Miss J”, unsere Köchin, die eine faszinierende Sprache mit Klicklauten spricht, mit Sundownern und einem schön gedeckten Tisch mitten im Busch. Und es warten noch mehr Überraschungen: Es gibt eine Eimerdusche hinter einem Holzverschlag, und ein Buschklo, und jeder hat sein eigenes “Zimmer mit Aussicht” in den Dünen – mit einem kleinen Feldbett! Sogar unser Gepäck ist schon da! Es ist luxuriöser als ich dachte – Flashpacking in der Wüste quasi.

Als erstes genehmigen wir uns zum Sundowner erst mal ein kühles Windhoek Lager (gebraut nach deutschem Reinheitsgebot). Ruckzuck rutscht die Sonne hinter die Berge in der Ferne und genauso schnell sinken die Temperaturen. Schnell wird noch die “Bucket Shower” ausprobiert – Prinzip Waschen mit Eimer und Panorama-Aussicht auf den Busch (sieht einen ja keiner!).

Im Schein von Kerzen und Petroleumlampen sitzen wir später um den großen Tisch. Ich esse das erste Mal Kudu und Oryx (lecker!) und ziehe nach und nach mehrere Schichten übereinander an (die Temperaturen fallen auf ca. 10 Grad), während über mir immer mehr Sterne aufleuchten, bis fast kein Platz am Himmel mehr ist. Fertig wie ich bin, klettere ich wieder etwas später mitsamt aller Klamottenschichten in meine Bedroll (eine Art Biwaksack mit Decken und Kissen drin) und schlafe wie ein Stein.

Lecker: Oryx-Steak mit Kartoffeln und Gem Squash (Kürbis aus Südafrika)

Spurensuche und geheimnisvolle Feenkreise

Ich wache auf, weil jemand meinen Namen ruft. Im Licht der aufgehenden Sonne streckt mir jemand eine dampfende Tasse Kaffee hin, es ist unser Guide Sebastian. Kaffee ans Wüstenbett! Tag 2 fängt gut an…

In der Nacht wurde eine Wildkatze gesichtet, auf dem Weg zum Buschklo, was zu wilden Geschichten und jeder Menge Witzen und Gelächter führt.

Dass hier auch gefährliche wilde Tiere leben, wird mir später erst so richtig klar, als wir in der Wüste auf den zerfetzten, halb verwesten Kadaver eines Vogel Strauß stoßen. Wir befinden uns im Leopardengebiet. Ihre Spuren begleiten uns den ganzen Tag: Kot, Kratzspuren großer Katzenpranken am Zelt, in dem wir während der heißesten Mittagstunden Siesta machen. Eine Leopardenkamera hängt hier auch. (Falls diese durch Bewegung ausgelöst wird, möchte ich mich an dieser Stelle schon mal bei den armen Forscher*innen für das stundenlange Gelaber und die dummen Grimassen der komischen Zweibeiner entschuldigen).

Die Sonne brennt und selbst der kleinste Aufstieg wird auf dem Sandboden zur schweißtreibend-anstrengenden Angelegenheit. Doch im Sand finden sich die unterschiedlichsten Spuren, und Sebastian kennt sie alle: Echsen, Käfer, Wüstenmaulwurf, Oryx.

Ach so: Die Wüste lebt übrigens wirklich! Anzeichen: Spuren im Sand (Eidechse) und riesige Vogelnester.

Die Sonne steht schon hoch am Himmel, als wir eine Senke voller “Feenkreise” durchqueren, die es nur hier in der Namibwüste gibt und deren Geheimnis noch von keinem Wissenschaftler so richtig gelüftet wurde. Ich bin total geflasht, dass ich die Feenkreise selbst mal zu Gesicht kriege und traue mich erst gar nicht, einfach mittendurch zu marschieren. Dann tu ich’s einfach und es passiert natürlich… nichts.

Die Weite und die Stille sind atemberaubend.

Hier draußen hört und sieht man keinerlei Spuren menschlicher Zivilisation mehr, nicht einmal das entfernteste Motoren- oder Flugzeuggeräusch, nicht mal eine Farm am Horizont. Dafür beobachten uns aus der Ferne Oryxe und kleine lustige Springböcke. Sie werden nicht gejagt und haben keine Angst vor uns.

Es hat etwas unglaublich Beruhigendes, Befreiendes.

Ebene voller Feenkreise (und Oryx-Antilopen)

Großes Glück: ein seltenes Namaqua Chamäleon

Am Nachmittag dann die bisher größte Anstrengung: Wir überqueren auf dem Weg zum nächsten Camp einen Berg. Das Terrain verändert sich, statt Wüstensand nun Geröll und Steine.

Noch vor dem Aufstieg passiert es: Die Sohlen von Janines Wanderstiefeln lösen sich in der Hitze und fallen einfach ab. Hatten wir uns vorher noch über Murrays riesigen Rucksack und sein Survival Kit lustig gemacht (schön US-amerikanisch: mit Not-Bibel!), entpuppt sich dieses nun als die Rettung (nicht die Not-Bibel, sondern das Duct Tape!).

Mit Klebeband werden die Sohlen notdürftig fixiert, damit Janine es irgendwie über den Berg schafft, was mit einigen Reparaturstopps und mit einiger Verspätung schließlich auch gelingt. Gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang erreichen wir unser nächstes Camp.

Geschafft: endlich oben!

Notiz an mich selbst: immer Tape dabeihaben!

Abstieg in die weite Ebene des NambibRand Nature Reserve

Völlig normal: Oryx-Besuch im Camp

Unter den Sternen des Südens

An diesem Abend steige ich wieder einmal mit gefühlten tausend Schichten Klamotten in meinen Schlafsack, zu einer Uhrzeit, zu der ich zuhause noch niemals an Schlafen denken würde. Doch anstatt vorher meine Kontaktlinsen rauszunehmen (ich kann das mittlerweile sogar in der Wüste im Dunkeln), beschließe ich, sie einfach drin zu lassen.

Und so liege ich einfach nur da, unter dem krassesten Sternenhimmel, den ich in meinem ganzen Leben gesehen habe, und kann nicht aufhören, nach oben zu schauen. Über mir sind die Sterne des Südens, und sie reichen bis hinunter zum Horizont. Die Milchstraße sieht aus wie eine Wolke, ab und zu fliegt eine Sternschnuppe durchs Bild. Um mich herum absolute Stille.

In diesem Moment will ich nicht zurück, auch in keine Luxus-Lodge der Welt, so schön sie auch sei.

Ich will einfach hier draußen bleiben, in der Wüste, unter den Sternen.

Mehr Infos findet ihr unter www.namibia-tourism.com und www.toktokkietrails.com.

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Meine Reise nach Namibia wurde vom Namibia Tourism Board unterstützt sowie von Air Namibia und Hauser Exkursionen. Alle Ansichten sind meine eigenen. 

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