Am oberen Ende der Dorfstraße ist er, einfach so: der Kraterrand. Als wir am Vorabend in einem kleinen, vollgestopften Minibus die kurvige Bergstraße hinaufrumpelten, war es bereits dunkel. Nur der Abgrund neben der Straße war zu erahnen, außerdem wurde es empfindlich kalt, je höher wir uns in die Berge schraubten. Angekommen im Bergdorf Cemoro Lawang schauten wir uns nach einer kalten Nacht in einem Losmen (einer einfachen Pension) gleich am nächsten Morgen an, wo wir da eigentlich gelandet waren: auf dem Rand eines riesigen Vulkankraters!
Es sieht aus wie auf dem Mond. Mit Sicherheit nicht, wie man sich Indonesien so vorstellt. Vor uns liegt eine riesige Caldera mit bestimmt 10km Durchmesser, gefüllt mit feinem Vulkansand, die Lautan Pasir oder “Sea of Sand”. Das allein wäre schon spektakulär genug, doch es ragen noch weitere Vulkane aus der Sea of Sand empor – und sie sind zum Teil aktiv, wie der Bromo, dessen Spitze bei einem früheren Ausbruch abgesprengt wurde. In der Ferne entdecke ich im Sandmeer das einsame Kloster Pura Luhur Poten – genutzt von den Tengger, einem der wenigen verbleibenden Hindu-Volksstämme auf Java (das ansonsten ja muslimisch ist). Da will ich hin.
Einmal hinuntersteigen, die Sea of Sand zu Fuß durchqueren und auf der anderen Seite zum Kraterrand des Mount Bromo wieder hochsteigen. Soweit der Plan. Doch da unten wütet gerade ein Sturm, der feine Vulkansand peitscht nur so über die Ebene. “Wartet noch bis heute Mittag, dann hört der Wind auf”, rät uns einer der Einheimischen, die oben am Kraterrand mit Pferden und Motorrädern auf Kundschaft warten und sich die Zeit mit Rauchen und Schwätzchen vertreiben. Gesagt, getan, und los.
Ein ziemlich gut ausgebauter Weg führt ca. 200-300 Höhenmeter hinunter in die Sea of Sand. Unten angekommen, bahnt man sich einfach zu Fuß einen Weg über den Sand, grobe Richtung Kloster. Es ist toll. Wie in der Wüste! Mit ein bisschen Mondlandschaft und Western. Der Wind hat sich gelegt und es ist ganz still, ab und zu durchbricht das Knattern eines Motorrads oder eines Jeeps die Stille, in der Ferne ein paar Reiter, ansonsten begegnen wir keiner Menschenseele (trotz Hochsaison, wohlgemerkt).
Auf halber Strecke passieren wir Schreine, die wir aber nicht verstehen. Wir klettern durch eine Art ausgetrocknetes Flussbett und stehen kurze Zeit später vor dem Tempel. Er ist verschlossen und sieht verlassen aus. Schade! Einmal im Jahr findet hier nämlich eine riesige Opferzeremonie statt, bei dem die Tengger um den Segen der ansässigen Vulkangötter bitten und in einer langen Prozession auf den Kraterrand des Mount Bromo hinaufsteigen, um jede Menge Opfergaben wie Früchte, Reis, Geld oder Blumen in seinen qualmenden Schlund zu werfen, während die ganz Mutigen hineinsteigen, um die gesegneten Opfergaben wieder herauszufischen.
Ich denke mir schaden kann’s nicht und kaufe unterwegs auf dem kurzen und steilen Aufstieg zum Mount Bromo ein Blumenopfer von einem alten Mann. Noch ein letztes steiles Stück Treppen, und dann stehe ich plötzlich auf dem schmalen Kraterrand.
Blick in den Krater… und zurück, in die andere Richtung:
Das Panorama ist unglaublich: Vor mir fällt der Krater fast senkrecht ab (was einen Einheimischen nicht daran hindert, darin herumzukraxeln und Opfergaben aufzusammeln), aus dem Loch an seinem Grund kommt weißer Rauch (der zum Glück kaum nach Schwefel stinkt), es ist ein leises Zischen zu hören. Hier oben ist es kalt und windig und alles ist voller schwarzer Vulkanasche. Nach wenigen Metern hört das Geländer auf und man könnte einfach weiterspazieren, einmal um den Krater herum. Doch der Rand ist an manchen Stellen nur fußbreit, die Vulkanasche trügerisch brüchig und so traue ich mich nur wenige Meter den Kraterrand entlang. Auf dem schmalen Rand wird mir ganz schwummrig im Kopf, ich schieße ein paar Fotos und falle fast rein dabei. Irre!
Der Blick schweift rüber zum perfekt geformten Nachbarvulkan, zurück über die weite Sea of Sand bis zum Bergdorf am Kraterrand auf der anderen Seite. Ich kann mich kaum sattsehen. In der Zwischenzeit kommen ein paar andere Wanderer an, und ein paar Indonesier in Schlappen, die sich mit uns unterhalten und fotografieren lassen. Wir harren bis zum Sonnenuntergang aus, leider verschwindet die Sonne dann hinter einem Wolkenberg. Es wird Zeit, den Vulkangöttern zu opfern. Wir schleudern das Blumenopfer so weit hinein in den Krater, wie wir können. Den Indonesiern gefällt’s. “Bromo good”, hat der alte Mann gesagt. Ich hoffe es. Der letzte große Ausbruch war 2011. Im letzten Abendlicht machen wir uns an den Abstieg und auf den Weg durch die weite dunkle Sea of Sand, zurück zum Dorf.
Mount Bromo Guide: Infos und Tipps
Hinkommen
Der Bromo-Tengger-Semeru-Nationalpark mit den aktiven Vulkanen Semeru (3.676m) und Bromo (2.329m) befindet sich im Osten der indonesischen Insel Java. Die nächstgrößere Stadt ist Probolinggo an der Küste, die größte Stadt ist Surabaya weiter im Norden. Hierhin kann man von z.B. Jakarta oder Bali aus hinfliegen. Auch mit Bus oder Zug könnt ihr nach Surabaya reisen, von dort mit dem Bus einige Stunden weiter nach Probolinggo, oder direkt nach Probolinggo mit dem Bus fahren. Vom dortigen Busbahnhof fahren bis zum späten Nachmittag Minibusse bis Cemoro Lawang (ca. 1 1/2h). Der Eintritt in den Nationalpark kostet 75.000 IDR pro Person und wird am Parkeingang oder bei Ankunft im Dorf entrichtet. (Nachtrag: Die Eintrittspreise sollen 2014 kräftig erhöht werden!).
Alternativ fahren Minibusse als gebuchte Tour von verschiedenen Städten auf Java (z.B. Yogyakarta, Solo) direkt zum Bromo, was nur wenig teurer als eine zusammengestückelte Busfahrt ist (ca. 100.000- 150.000 IDR pro Person) – einfach vor Ort in Tour Offices erkundigen.
Übernachten / Unterkünfte
Am Besten direkt oben am Kraterrand, in Cemoro Lawang. Von hier könnt ihr direkt zu Fuß loslaufen und braucht keinen Extra-Transport organisieren. Viele “Bromo”-Unterkünfte liegen auch in Probolinggo an der Küste oder in einem der Dörfer auf dem Weg zum Bromo. Die sind zwar oft günstiger, aber ihr benötigt eben immer Transport und Zeit (und müsst z.B. noch früher aufstehen als eh schon, wenn ihr den Sonnenaufgang sehen wollt).
In Cemoro Lawang sind die Unterkünfte beliebt und vor allem zur Hauptsaison schnell ausgebucht. Zudem sind die Preise für die einfachen Unterkünfte verhältnismäßig hoch, vor allem, wenn ihr vorab online bucht, z.B. über Agoda. 60 Euro Minimum für ein Zimmer in einer einfachen 1-Stern-Pension ohne Heizung und Warmwasser ist dann keine Seltenheit. Es gibt im Dorf allerdings auch Pensionen (Losmen) und Homestays, die günstiger sind und oft noch Zimmer frei haben, da müsst ihr entweder einfach vorbeigehen und euch vor Ort umschauen (dafür am Besten nicht zu spät am Tag ankommen), oder über ein indonesisches Tour Office buchen. Bei uns war online alles ausgebucht, wir sind aber über ein Tour Office in Yogyakarta für 300.000 IDR pro Nacht doch noch an ein Zimmer in einer Pension gekommen. Erwartet hier auf keinen Fall Komfort und Luxus! Ganz gut nächtigen könnt ihr hier:
Bromo Permai: Einfaches, großes Guesthouse mit Restaurant und free Wifi, das dem Kraterrand am nächsten ist. Günstiger, wenn in einem Tour Office auf Java gebucht als online.
Café Lava Hostel: Die beliebteste Traveller-Absteige. Mit Café/Restaurant, free Wifi, Tour Office (hier könnt ihr auch Touren zum Sonnenaufgang buchen (s.u.!) und Infos zu Wanderungen bekommen).
Zimmer in unserer ‘inoffiziellen’ Pension (die man irgendwie nur übers Tour Office buchen konnte)
Essen
Die Traveller treffen sich zum Essen im Café Lava oder im Restaurant des Bromo Permai, wo es günstige indonesische Gerichte gibt, aber auch das ein oder andere westliche Essen. Eine Alternative sind die Warungs im Dorf, die aber meist nur abends öffnen. Zudem gibt es kleine Shops und Stände mit Getränken und Snacks. Wer spät abends ankommt, wenn die Bürgersteige schon hochgeklappt sind (also gegen 21 Uhr), sollte es im Bromo Permai versuchen.
Warme Klamotten
Am Mount Bromo befindet ihr euch auf über 2.000m Höhe, dementsprechend ist es hier im Vergleich zu dem, was man sonst so in Indonesien gewöhnt ist, ganz schön kalt (nachts hatte es 4 Grad!), tagsüber steigt das Thermometer selten über 20 Grad. Ihr solltet daher wärmere Klamotten dabei haben (Leggings! Fließjacke! Tuch!). Ich hatte schon zum Schlafen ungefähr alle Schichten an, denn die Unterkünfte haben idR keine Heizung. Vor Ort könnt ihr aber auch gegen eine kleine Gebühr warme Jacken leihen. Zum Wandern reichen übrigens Turnschuhe.
Wandern und Tour zum Sonnenaufgang
Im Nationalpark gibt es neben der oben beschriebenen Wanderung noch weitere schöne Routen, über die ihr euch vor Ort in einem der Offices informieren könnt, z.B. die Wanderung zum Viewpoint Penanjakan auf dem Kraterrand in 2.700m Höhe, von dem sich euch folgendes Panorama bietet:
Ich würde unbedingt empfehlen, diese unwirkliche Landschaft zu Fuß zu erkunden, nicht nur mit dem Jeep oder Motorrad. Bleibt dafür ruhig zwei oder drei Nächte! Der Großteil der Reisenden kommt allerdings nur hierher, um den Sonnenaufgang über dem Bromo und Semeru anzuschauen, danach einmal kurz mit Jeeps durch die Sea of Sand zu fahren, evtl. noch schnell auf den Bromo-Kraterrand hinaufzusteigen, um dann um 9 Uhr morgens den Minibus zurück Richtung Küste zu nehmen. Wie das so ist und warum ich euch eher davon abraten würde, lest ihr hier im zweiten Teil – “Mount Bromo – Die Sache mit dem Sonnenaufgang”.
Wow! Toller Bericht und vor allem richtig geniale Fotos!
Wir waren dieses Jahr auf dem Gunung Agung (dem höchsten Vulkan von Bali) – allerdings konnte man da nicht so schön rumwandern oder so ne tolle Sandwüste erleben. Da ging’s wirklich nur: steil hoch – Sonnenaufgang gucken – steil runter. War aber trotzdem schön. 🙂
Liebe Grüße,
Karina
Danke! Ja, im Mt. Bromo NP kann man relativ einfache, aber spektakuläre Wanderungen machen. Wow, ihr habt den Gunung Agung bestiegen, Respekt!! Ich hatte mir kurz überlegt, ein Mount Rinjani-Trekking zu machen, aber nachdem man da am ersten Tag zum Kraterrand schon 2.000 Höhenmeter hoch muss, musste ich das dann doch realistisch betrachten und hab’s gelassen. Vielleicht irgendwann…
Dort unten, im riesigen Sandkasten, ist irgendwie immer gerade ein Sturm. Auch als ich vor zwei oder drei Monaten dort war, war dort alles voller Staub.
Für die Unterkunft habe ich übrigens nach einigem Verhandeln 150.000 Rupien bezahlt. Allerdings gab es in meinem Homestay kein warmes Wasser.
Dafür fand ich den Eintritt wahnsinnig teuer – vor allem für Ausländer, welche ein Vielfaches der Einheimischen zahlen.
Der Mount Rinjani und den Bromo kannst du überhaupt nicht vergleichen. Der Bromo ist vielleicht zehn Prozent von der Rinjani-Anstrengung. Trotzdem fand ich den Vulkan auf Lombok sehr viel eindrücklicher.
Das ist interessant – 150.000 ist echt ein sehr guter Preis (für den man sich natürlich vor Ort auf die Suche machen muss). Warmes Wasser gibt es bei den etwas teureren Unterkünften wohl auch nicht immer, hab ich gehört. Wir hatten warmes Wasser, dafür roch es komisch (ich vermute vulkanisch-schwefelig?), und es gab kein Waschbecken, nur eine Toilette und einen Dusch-Schlauch. Ja, die Höhenunterschiede am Bromo sind echt ziemlich easy. Mount Rinjani ist ein ganz anderes Kaliber, das hab ich mir einfach nicht zugetraut – trotzdem reizt es mich nach wie vor, vor allem, wenn ich wieder Bilder sehe. Vielleicht beim nächsten Mal 😉
Ja, wo isser denn jetzt?! Der 2. Teil? “Mount Bromo – Die Sache mit dem Sonnenaufgang” Irgendwie find ich ihn nicht. 🙁 Hätt mich aber sehr interessiert, weil ich im Mai auf Java bin. U.A.w.g.
Guter Punkt – bin noch gar nicht dazu gekommen, ihn zu schreiben! Danke fürs Nachfragen und die Erinnerung – kommt vorher definitiv noch!
Jetzt isser endlich da – mein Artikel über den Sonnenaufgang am Mount Bromo und wie man ihn auch ohne Tour erleben kann. Link ist oben im Text! 😉
Thank for sharing and information
Sehr schöner Bericht. Von den Kloster wusste ich nichts- sehr schade. Angeblich soll die Reise auch sehr schön sein, wenn man von der anderen Seite des Bromo (also nicht von Cemoro Lawang) kommt – dann geht erst erst durch Graslandschaften und dann in das Aschefeld hinein. Wir haben es allerdings genauso wie du gemacht (Mai 2015). Wir haben ebenfalls für 150.000 IDR in einem homestay übernachtet. Der Eintritt kostet mittlerweile allerdings 250.000 IDR – auch wenn wir irgendwie an keinem Ticketschalter vorbei gekommen sind und daher gar nichts bezahlt haben. Wer gerne mal in einem Vulkankrater hinein steigen möchte dem empfehle ich Kawah Ijen ganz im Osten Javas. Ist allerdings mehr eine krasse Erfahrung als eine Augenweide. 😉
http://www.reisetigerinsoa.blogspot.com/2015/07/indonesien-4-java-funf-freunde-in-mordor.html?m=1
Vielen Dank für die Tipps!! Nach Kawah Ijen wollte ich auch – leider hat dann die Zeit nicht mehr gereicht… aber kommt beim nächsten Mal!