Yellowstone: Auf dem Supervulkan

Wyoming. Der Name bedeutet “weite Ebenen” – und er trifft zu. Hier treffen die großen Prärien auf die Rocky Mountains. Hier fand die Schlacht am Little Bighorn statt, hier jagte Buffalo Bill. Besonders wild wirkt der Wilde Westen heute nicht mehr. Dass Wyoming der bevölkerungsärmste Bundesstaat der USA ist, wird mir bewusst, nachdem wir Colorado verlassen haben: Hier ist… nichts.

In der weiten Grassteppe gibt es mehr Antilopen als Menschen. Stundenlang sehen wir keine einzige Siedlung – für uns Europäer beunruhigend und faszinierend zugleich. Nur der Himmel, der hier so wunderbar weit und groß ist, bietet mit Wolken wie galoppierende Büffelherden Abwechslung von der Monotonie der Landschaft und der Straße.

Dann tauchen am Horizont karge Bergketten auf, die Rocky Mountains. Sie sind der Grund, weshalb es uns überhaupt ins abgelegene Wyoming verschlagen hat: Wir wollen zum Yellowstone Nationalpark. Nach einer Nacht im Indianerreservat und einem weiteren Tag on the road ist es dann endlich soweit: Willkommen auf dem Supervulkan.

Eigentlich ist es im Yellowstone ganz idyllisch: Dichte Wälder und Grasland mit wilden Bisonherden und grasenden Wapitihirschen. Ab und zu ein Coyote. Obwohl man sich hier eigentlich in den Rocky Mountains befindet, ist die Landschaft wenig bergig. Bergketten sieht man meist nur am Horizont und man schnallt erst nach der ersten keuchenden Wanderung und dem ersten Sonnenbrand, dass man sich hier eigentlich die ganze Zeit schon auf 2.400m Höhe befindet – auf einem wunderschönen Hochplateau eben.

Getrübt wird die Idylle allerdings durch die vielen Höllenschlünde, die sich auf einmal an den zufälligsten Stellen aufzutun scheinen: zischende Geysire, blubbernde Schlammlöcher, stinkende Schwefelfelder. Giftige Gase, ätzende Säure und kochendheißes Wasser lauern unter der nur dünnen Bodenkruste – für die Menschen gibt es an vielen Stellen deshalb hölzerne Boardwalks, viele Tiere und Pflanzen haben oft nicht so viel Glück. Das ganze Leben hier ist nichts anderes als ein Tanz auf dem Vulkan.

Die Chemikalien und die in den geothermalen Quellen lebenden Bakterien bilden faszinierende Muster und Farben (faszinierend auch, dass in diesen Löchern überhaupt etwas lebt). In der Zwischenzeit habe ich auch in Neuseeland geothermale Felder gesehen, doch im Yellowstone sind es noch mehr, noch riesigere, die Kulisse fast noch spektakulärer und das Gebiet insgesamt viel größer. Außerdem könnte man hier beim Wandern jederzeit Grizzlys und wilden Bisons, Wölfen und Koyoten begegnen. Das gefällt mir.

Verschont von Wölfen und Bären habe ich nach dem Abstieg (und anschließendem Aufstieg) in den Grand Canyon of the Yellowstone jedenfalls erst einmal eine Begegnung mit einer ganzen Tüte Beef Jerky (Teriyaki-Geschmack) und werde in der Dämmerung mit einem besonderen Anblick belohnt: mein erster Elch – eine Elchkuh mit ihrem Jungen.

Ein schönes Fleckchen ist der Yellowstone Lake, der auf über 2.300m gelegen und daher zu kalt zum Schwimmen ist, aber schöne Uferfleckchen, Wanderwege und Ausblicke bietet. Am Westufer gibt es heiße Quellen und Geysire, teilweise zischt und blubbert es in den See hinein. Das Faszinierende am Yellowstone Lake ist jedoch, dass einem hier erst richtig bewusst wird, dass man sich gerade in einem gewaltigen Vulkankrater befindet – der Caldera eines gigantischen Vulkans, der alles andere als schläft.

Unter der Wildnis Yellowstones liegt eine riesige Magmakammer, 60km lang und bis zu 10km dick, ein sogenannter Hotspot, der größte “Supervulkan” der Erde. Die letzte Riesenexplosion war zwar vor 640.000 Jahren, doch wie aktiv das Ganze ist, wird trotz der Idylle an so vielen Stellen im Park offensichtlich, dass man nicht erst Emmerichs “2012” gesehen haben muss, um sich den nächsten Ausbruch vorzustellen.

Es ist halt einfach nur noch eine Frage der Zeit…

Infos zum Yellowstone Nationalpark

Der Yellowstone Nationalpark liegt zum Großteil im US-Bundesstaat Wyoming, ein winziger Teil in Montana und Idaho. Ein Besuch dort lässt sich gut mit einem Roadtrip durch unbekanntere Gegenden des Wilden Westens verbinden.
Hinkommen: mit dem Flugzeug nach Jackson Hole (der einzige nächstgelegene Flughafen) oder nach Denver, Salt Lake City oder Seattle und von dort aus mit dem Auto oder Camper einen mehrtägigen Roadtrip starten. Wir kamen von Denver (ca. zwei Tage Fahrt vom Rocky Mountains Nationalpark in Colorado aus) und fuhren anschließend auf der anderen Seite der Rocky Mountains über Idaho zurück in den Süden nach Utah. Der Park hat mehrere Eingänge in allen Himmelsrichtungen, besonders schön ist die südliche Route über den spektakulären Grand Teton Nationalpark.
Übernachtet wird am Besten in den Ortschaften West Yellowstone oder Gardiner an den Eingängen des Parks, im Nationalpark selbst gibt es nur wenige und ziemlich teure Unterkünfte (aber es gibt Campingplätze).
Eintritt: $25 für sieben Tage pro Fahrzeug. Wer noch mehr Nationalparks besucht, für den lohnt sich ein Jahrespass für $80.
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3 Kommentare

  • Flo sagt:

    Hey Susi. Bin gerade beim Stöbern im Netz zu Roadtrips in USA auf deine Seit gestoßen. Sieht alles nach genau meinem Vibe aus ;). Sehr cool. Kompliment für die tollen Berichte…
    Ich werde am Mittwoch (10.04.24) alleine nach Denver fliegen. Bin eine Woche auf einer Bison-Cowboy-Ranch, paar Zäune reparieren, am Lagerfeuer schlafen und reiten was das Zeug hält. Anschließend möchte ich einen Roadtrip, wohin auch immer machen. Entweder in den Norden in Richtung Yellowstone oder in den Südwesten Richtung Arizona, Nevada… Was meinst Du? Im April lieber in den Süden wo ein bisschen mehr los ist, oder soll ich mich in der eh schon ruhigen Ecke Wyoming aufhalten und die Ruhe genießen… Es soll ja wunderbar für Tiersichtungen sein, weil alle ihre Jungen im Frühjahr bekommen… Hm. Vielleicht hast Du ja nen Tip. LG Flo

    • Susi sagt:

      Hi Flo, cool, das klingt ja abenteuerlich! Die Ruhe im Norden genießen klingt für mcih sehr schön, allerdings solltest du bedenken, dass dort noch Winter ist und Schnee liegt, was dich evtl. stark einschränkt – je nachdem, was du vorhast. Im April würde ich daher fast lieber südlichere Ziele empfehlen wie Arizona, Nevada, Kalifornien oder auch Utah. In Utah liegt zwar evtl. auch noch Schnee, doch man kann wohl trotzdem gut wandern und die Nationalparks besuchen – ohne Menschenmassen. Ansonsten würde ich dir empfehlen, vor Ort mit den Locals zu sprechen und dir von ihnen Tipps einzuholen. Ich wünsch dir eine tolle Reise!

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